Gestern bin ich in Kiew angekommen und dank Anja Lange, hiesige DAAD-Lektorin, habe ich auch schon einiges gelernt über die unmittelbaren Maidan-Ereignisse.
Mein Hotel ist das „Ukraina“ direkt am Maidan und ich habe auf der Suche nach einer Aussichtsmöglichkeit in der 14. Etage ein Fenster entdeckt, in dem ein Loch in der Scheibe mit mehreren Schichten Klebeband geflickt war. Das bestätigt die Geschichte, dass Journalsiten Bettlaken mit dem Wort „Press“ aus dem Fenster gehängt haben, weil sich die Schüsse teilweise auch ins Hotel „verirrten“.
Gestern abend war es auf dem Maidan ganz friedlich: ein Haufen junger Menschen saß auf den Stufen, einige sind in das Wasserbecken des Springbrunnens gestiegen und von irgendwo kam auf einmal ein Mann mit einer Music-Box auf einer Sackkarre und es gab spontan so eine Art Tanzwettbewerb. Völlig skurriil, dass hier so viele Menschen gestorben sind. Einige Treppenreihen sind noch immer völlig abgewetzt, aber das meiste sei schon wieder hergestellt, erklärte mir Anja am Nachmittag.
Aber die Toten sind nicht vergessen – an den Säulen auf der Mitte des Platzes und auf der Straße daneben finden sich Fotos der Menschen, die ihre Meinung mit dem Leben bezahlt haben. Die Straße ist mittlerweile für den Autoverkehr gesperrt, sie hat sich quasi in eine „Gedenkzone“ verwandelt.
Gegenüber dem Platz steht ein großes Eckgebäude, dass komplett eingehüllt ist in Planen und Baugerüste. Hier sind 40 Personen erstickt, als die Miliz sie „(r)ausräuchern“ wollte.
Der Maidan war nicht nur Ort des Aufstands, sondern auch Falle – da die Metrostationen geschlossen waren, konnte man den Platz nur noch über die zwei Hauptstraßen verlassen. Auf diesen wartete jedoch schon die Miliz.
Diese wurde übrigens mittlerweile umbenannt in Polizii – vermutlich in der Hoffnung, dass mit dem neuen Namen auch ein neues Image kommt.
Der Maidann wurde dann schlussendlich vom neuen Bürgermeister Klitschko endgültig geräumt – was ihm einige angeblich sehr übel genommen haben.
Gleich beginnt der Workshop zur „Zukunft der Presse“ – ich bin gespannt auf de Studierenden und ihre Ideen.