Russland – eben noch wollte ich schreiben, dass ich hinfahre und -zack! – bin ich schon zwei Tage wieder da! Aber wie es dann immer so ist, geht kurz vorher nochmal alles drunter und drüber: Festival abgesagt, Teilnehmer krank, Hostel ausgebucht…Kind krank….aber zu guter Letzt war alles: gut. Und es wurde sogar immer besser.
Am Mittwoch um 8 Uhr ging mein ICE nach Berlin und pünktlich um 12Uhr saß ich mit meinen lieben sieben Mitreisenden im Flugzeug nach Moskau. Dort gab es eine kleine Sightseeingtour (einmal Roter Platz) und dann ging es zum Nachtzug nach Kazan. Für die zwei Leute unserer Gruppe, die das erste Mal in Russland waren, war es vermutlich am aufregendsten. Für mich war es fast ein bisschen wie nach Hause kommen. Mit der positiven Überraschung, dass die Zugtoiletten total ordentlich (=quasi auf Westniveau) sind.
Am nächsten Morgen ging es nach der Ankunft in Kazan direkt in die Uni. Dort haben wir den Lehrstuhl für SMI (= Massenmedien) besucht und landeten direkt in einer Aufzeichnung für den studentischen Fernsehkanal. Gottseidank wurde unsere Reiseerschöpfung liebevoll überpudert. Hier haben wir außerdem Radik kennengelernt, den Leiter der studentischen Medien. Seit dem Herbst gibt es in Kazan auch ein Uni-Radio, dass großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit uns hat.
Zeit zum Verschnaufen gab im Anschluss die vierstündige Fahrt nach Naberezhnye Chelny, für russische Verhältnisse quasi ein Vorort von Kazan. In der örtlichen Filiale der Kazaner Universität sitzt das studentische Radio URa, bei dem auch Absolventen und SchülerInnen mitmachen. Gemeinsam haben wir unsere Idee des Radioaustausches weiterentwickelt. Ab Mai soll es einmal im Monat eine Sendung aus Chelny geben im Wechsel mit einer aus Halle. Die Zweisprachigkeit ist ein wesentlicher Punkt der Vereinbarungen. Außerdem bekommt die jeweils andere Gruppe für ihre nächste Sendung eine auditive Aufgabe gestellt. Ich hoffe, dass von den vielen Ideen mindestens die Hälfte realisiert wird. Als Abschluss der Gespräche haben wir am nächsten Tag zusammen eine einstündige Sendung aufgenommen, die auch auf Radio Corax lief.
Nach vier Stunden Fahrt zurück nach Kazan und der Ankunft im Hostel hat uns dann Uljana, eine Teilnehmerin der letzjährigen Begegnung in Halle, noch durch das nächtliche Kazan geführt. Allerdings gab es erstmal eine Stärkung im legendären Cafe Skazka (Märchen) in der berühmten Fußgängerzone, der Prachtstraße „Uliza Baumana“.
Am nächsten Morgen dann kam es zu einem gefühlt historischen Moment. Helen vom Vorstand von Radio Corax hat gemeinsam mit Timur, Vorsitzender des Jungen Kreises des Assamblees der Völker Tatarstans, einen Kooperationsvertrag zwischen den beiden Häusern unterschrieben. Dieser Vertrag brauchte zwei Jahre bis zu dieser Unterschrift. Nicht nur mir fiel da ein Stein vom Herzen. Damit hat jetzt vorallem die russische Seite etwas in der Hand um Projektförderung zu beantragen – ein wichtiger Moment bei internationalen Projekten.
Am Abend galt es dann nochmal in zähen und sehr anstrengenden (nicht nur für Nicht-Muttersprachler) Gesprächen die Zukunft zu planen. Im Herbst wird es als Ergebnis ein Veranstaltungsradio und RadioWorkshops im Rahmen des „Molodoi Forum“ (Junges Forum) geben als Zusammenarbeit zwischen dem Assamblee, Radio URa und Radio Corax.
Am Sonntag kurz vor der Rückreise haben wir dann noch kurz unsere Partner vom Deutschen Haus besucht. Sie unterstützen uns vorallem bei den Formalien (Einladung, Visa) sowie mit den vielen Deutschsprechenden in Kazan, mit deren Hilfe die Idee des zweisprachigen Radios hoffentlich realisiert werden kann.
Sonntag Abend ging es von Kazan zurück nach Moskau, dort haben wir den Montagvormittag verspaziert und sind abends um sechs in Berlin gelandet. Als ich dann im Zug Richtung Halle saß, war ich vor allem froh, dass erst ab Mittwoch gestreikt werden sollte.
Für alle, die jetzt etwas durcheinander gekommen sind: ja, die Reise ging von Mittwoch bis Montag, und ja, es war toll, dank einer super Reisegruppe und tollen Menschen in Russland.
PS: Audioaufnahmen haben wir natürlich die ganze Zeit gemacht. Aber gerade weil es so viel ist, muss ich erstmal hören und sortieren und schneiden. Sobald es etwas zum Anhören gibt, sag ich Bescheid.